(aus echo-online.de bom 21.7.22)

Zwei Argentinier für Eintracht Bürstadt
Der Fußball-Gruppenligist überrascht mit einer eher ungewöhnlichen „Transferpolitik“ und geht trotzdem mit bescheidenen Zielen in die neue Saison.

 

Von Jan Zehatschek

 

BÜRSTADT - Mit 15 neuen Spielern geht Fußball-Gruppenligist Eintracht Bürstadt in der Saison 2022/23 an den Start. Es ist eine Reaktion auf die schwierige Spielzeit 2021/22, als die stark ausgedünnte Mannschaft von Eintracht-Spielertrainer Benjamin Sigmund den Klassenerhalt erst auf den letzten Drücker schaffte. Eine derartige Zitterpartie wollen die Bürstädter nicht noch einmal erleben.
Anspruch und Wirklichkeit: Es war klar, dass die Saison 2021/22 schwer werden würde für die Bürstädter. Dass es am Ende aber derart knapp war in Sachen Klassenerhalt, damit haben die Eintracht-Verantwortlichen nicht gerechnet. Abteilungsleiter Marcus Haßlöcher zieht ein geteiltes Fazit. Das Ziel Klassenerhalt habe man geschafft. Die Art und Weise jedoch, wie der Ligaverbleib am Ende realisiert wurde, sei enttäuschend. „Wir hatten eine maue Trainingsbeteiligung und ein Totalversagen in den Spielen gegen Dieburg und Geinsheim – das hat an den Nerven gezehrt“, sagt der Abteilungsleiter. Bis zum Schluss war nicht klar, ob die Bürstädter den Klassenerhalt tatsächlich in der Tasche haben. Haßlöcher: „Eine solche Saison habe ich noch nicht erlebt und das will ich auch nicht mehr erleben.“ Die Bürstädter haben mit einem größeren Mannschaftskader gegengesteuert. Der Konkurrenzkampf im Team wird damit forciert und man erkennt bereits eine größere Motivation bei den Spielern. „In der Vorbereitung ist jetzt schon ein ganz anderer Zug drin“, sagt Haßlöcher.

 

Was war gut?

Der Zusammenhalt in der Mannschaft war am Ende ausschlaggebend für den Klassenerhalt. „Wir haben uns nicht aufgegeben – auch nicht nach dem Tiefpunkt, dem 1:8 gegen Geinsheim“, sagt Haßlöcher. „Unser Team ist nicht auseinandergebrochen.“ Und die Eintracht konnte das Ruder noch rechtzeitig herumreißen, auch weil die Offensive immer gut funktionierte und Bürstadt dann die wichtigen Tore machte.

 

Was geht besser?
96 Gegentore sprechen eine eindeutige Sprache. Die Eintracht-Abwehr war der Schwachpunkt und „daran müssen wir arbeiten“, wie der Abteilungsleiter weiß. Die Konzentration war auch nicht immer die Beste bei den Eintracht-Spielern. Die Bürstädter präsentierten sich in ihren Punktspielen oft mit zwei Gesichtern, spielten eine Halbzeit lang gut und eine schlecht.
Wer kommt? Der 22 Jahre alte Kadir Kilic von Ligarivale Sportfreunde Heppenheim soll helfen, die Eintracht-Abwehr neu aufzustellen. Er wird die Innenverteidigung verstärken, soll seine Erfahrung einbringen und die Abwehr führen. „Kadir zeigt Präsenz und ist für sein Alter sehr abgebrüht“, sagt Haßlöcher. Dennis Reiter ist nach langer Verletzungspause wieder fit. Eine schöne Geschichte schrieb indes ein Stadionbesuch von Haßlöcher samt Kumpel mit spanischen Wurzeln. Als die beiden Bürstädter beim Regionalligisten Wormatia Worms auf den Rängen standen, kamen sie zufällig mit zwei Austauschstudenten aus Argentinien ins Gespräch. „Mein Kumpel wollte eigentlich nur mal wieder ein bisschen Spanisch sprechen“, sagt Haßlöcher. Doch aus dem Plausch wurde mehr. Die beiden Argentinier wurden spontan zu einem Probetraining nach Bürstadt eingeladen und konnten überzeugen. Valentino Deluca und Rodriguez Matios sind nun im Kader der Eintracht gelistet. Sie sollen zunächst als Ergänzungsspieler eingesetzt werden.

 

Wer geht?
Alexander Lehmann wird fehlen. „Vor allem menschlich ist das ein Verlust“, sagt Haßlöcher. „Alexander war ein richtig guter Teamplayer.“ Fabio Capello soll den Part von Lehmann übernehmen und unter anderem als Mannschaftskapitän wirken. Auch Flamur Bajrami hinterlässt große Fußspuren – die Lücke im Mittelfeld schließen könnte Neuzugang Rojhat Akcan vom VfR Bürstadt. Verantwortung übernehmen soll Kilic als Co-Kapitän der Mannschaft.

 

Was geht?
Die Bürstädter sind mit Blick auf die numerische Stärke ihres Kaders besser gerüstet wie im vergangenen Jahr. Das Ziel kann aber nach wie vor nur heißen: Klassenerhalt. Doch bis zum letzten Tag zittern, das will die Eintracht nicht mehr. „Ich sehe die Gruppenliga diesmal stärker ausgerichtet, alleine schon mit der Hessenliga-Reserve von Rot-Weiß Walldorf“, sagt Haßlöcher. Der Aufsteiger habe in der Kreisoberliga über 140 Tore geschossen. „Das ist ein Wort“, sagt der Eintracht-Abteilungsleiter.

 

Zugänge: Sinan Can Abiyik, Kerem Bulut, Mustafa Demir, Ugur Karadouk, Leon Münch (alle JFV Bürstadt), Rojhat Akcan, Maximilian Kölsch, Yannick Roos (alle VFR Bürstadt), Yunus Güder, Kadir Kilic (beide Sportfreunde Heppenheim), Derwan Kisin (Azzurri Lampertheim), Rinor Berisha (ASV Fußgönheim), Cagir Zengin (SV Schauernheim), Valentino Deluca, Rodriguez Matios (beide aus Argentinien).

 

Abgänge: Christian Steiner, Alexander Lehmann, Flamur Bajrami, Besim Reka (alle Karriereende), Juan Maroqui Cases (SSG Einhausen), Daniel Böck, Robin Jakob (beide FTG Pfungstadt), Joey Gutschalk (VfB Lampertheim). Trainer: Benjamin Sigmund (achte Saison). Saisonziel: Klassenerhalt. Favoriten: SG Langstadt/Babenhausen, 1. FCA Darmstadt, VfR Groß-Gerau.